26. Juni 2018

Es ist wieder Fußball-Weltmeisterschaft, die Umsätze für Artikel in der Farbkombi „schwarz-rot-gold“ schnellen in astronomische Höhen und selbst die Leute, die sich die letzten vier Jahre herzlich wenig für Fußball interessiert haben, kennen kein interessanteres Thema.
So weit, so gut. Das Gastgeberland ist, wie jedem bekannt sein dürfte, bei dieser WM die russische Föderation. Und was man neben der Fußball-Glückseligkeit nicht vergessen darf: In diesem Land werden die Menschenrechte vielfach mit Füßen getreten.
Hier nur ein paar Beispiele (Quelle: Amnesty Report Russische Föderation 2017):
• Im Februar 2017 trat in Russland ein Gesetz in Kraft, wonach häusliche Gewalt, die von “engen Verwandten” verübt wird, nicht mehr als Straftat gilt, wenn die Opfer Schmerzen erleiden, sondern nur noch dann, wenn sie Verletzungen davontragen und ihre Arbeitsfähigkeit verlieren. Die Neuregelung führte dazu, dass in einigen Regionen Russlands die Zahl gewaltsamer Übergriffe gegen Frauen zunahm.
• Im März 2017 kam es in mindestens 97 Städten zu Protesten gegen Korruption. Vielerorts löste die Polizei friedliche Kundgebungen mit exzessiver und unnötiger Gewalt auf. Mehr als 1600 Personen wurden festgenommen, unter ihnen mindestens 14 Journalisten, die über die Proteste berichtet hatten. Gegen viele der Inhaftierten wurden in unfairen Verfahren politisch motivierte Anklagen erhoben.
• Viele NGOs, darunter führende Menschenrechtsorganisationen, werden nach einem Gesetz als „ausländische Agenten“ eingestuft. Das bedeutet, dass sie in ihrer Tätigkeit stark eingeschränkt werden.
Ich könnte diese Liste noch mehrere Seiten lang fortsetzen, aber ich denke diese Beispiele zeigen deutlich genug, in welcher Situation sich dieses Land befindet.
Der Punkt ist doch, kann ich als Normalbürger diese Probleme außer Acht lassen und ganz unbeschwert die WM genießen? Wenn man nur ein bisschen Moral besitzt, muss man diese Frage mit Nein beantworten. Die Fußball-WM dreht sich eben schon lange nicht mehr nur um Fußball, es geht auch um schwindelerregende Summen und Russland erhält eine Menge Publicity durch das Event. Aber das bedeutet auch nicht, dass man die ganze WM boykottieren muss. Ihr könnt Spaß an den Spielen haben und euch trotzdem gegen die Menschenrechtsverletzungen einsetzen. Informiert euch über Russland. Diskutiert in der Halbzeitpause eben nicht nur über das Spiel, sondern zum Beispiel auch darüber, dass der ukrainische Filmregisseur Oleg Sentso für seine Teilnahme an friedlichen Protesten gegen die Krim-Besetzung zu 20 Jahren Haft verurteilt wurde und sich momentan zu Tode hungert. Unterschreibt Petitionen. Erzählt euren Freunden, eurem Chef oder eurer Nachbarin von der Menschenrechtslage in Russland. Genießt die WM, wirklich. Kauft euch meinetwegen sogar diese furchtbaren schwarz-rot-goldenen Überzieher für die Autospiegel. Aber schweigt die massiven Verletzungen der Menschenrechte nicht tot. Wir brauchen eure Unterstützung.
Hinweis: Dieser Beitrag spiegelt ausschließlich die persönliche Meinung unserer Autorin wider