— Das Statement der deutschen Sektion zur Pressemitteilung wurde kurz vor unserem veröffentlicht. Wir haben es zur Kenntnis genommen und begrüßen die kritische Auseinandersetzung mit der Veröffentlichung des Berichts. Ebenfalls unterstützen wir die Mitarbeit in einem internationalen Reflektionsprozess, hoffen aber dass der Blick hierbei weiter reicht als nur auf die Versäumnisse der letzten 2 Wochen. Wir begrüßen zudem die klare Stellungnahme zur Instrumentalisierung der Erkenntnisse durch russische Behörden und wünschen uns, dass dies ebenso auf internationaler Ebene kommunikativ sinnvoll umgesetzt wird. —
In der Debatte um die am 4. August veröffentlichte Pressemitteilung von Amnesty International zu Völkerrechtsvertößen des ukrainischen Militärs, möchten wir als Jugendvertretung hiermit eine Stellungnahme abgeben.
Vorab: Der russische Angriffskrieg verstößt gegen alle Grundsätze, für die Amnesty International als Menschenrechtsorganisation einsteht. Sich gegenüber den blutigen Angriffen der russischen Streitkräfte zu verteidigen, ist für die Ukrainer*innen lebensnotwendig und ein unangreifbares Recht. Der Bericht des Internationalen Sekretariats veröffentlicht Erkenntnisse darüber, dass die ukrainischen Streitkräfte durch ihre militärischen Taktiken Zivilist*innen unmittelbar gefährden, nicht ausreichend informieren oder evakuieren, obwohl dies in den meisten Fällen vermeidbar gewesen wäre.
Wir als Jugendvertretung wollen weder die Ergebnisse der Recherche noch die Einordnung der völkerrechtswidrigen Handlungen anzweifeln, da uns hierfür jegliche Expertise fehlt. Hinzukommt, dass auch Human Rights Watch im Juli zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist (“Russian, Ukrainian Bases Endagering Civilians”, 21.07.2022).
Nichtsdestotrotz ist uns wichtig, dass wir uns mehr denn vergegenwärtigen: Dieser Krieg ist ein Informationskrieg. Entsprechend essenziell ist eine präzise und sensible Formulierung der eigenen Haltung, sowie das Einkalkulieren jeglicher Konsequenzen eigener Kommunikationslinien. Wir möchten an das Internationale Sekretariat appellieren, Forschungsergebnisse konfliktsensibel zu veröffentlichen und sie in einen ausreichenden Kontext zu verpacken. Denn der Schaden eines von der russischen Propaganda genutzten Amnesty-Berichts steht in keinem Verhältnis zum Nutzen der Veröffentlichung. Wir möchten ebenso darauf hinweisen, dass es Amnestys zentrale Aufgabe ist, Menschenrechtsverletzungen jeglicher Art und von jeglichen Täter*innen anzuprangern. Daher ist es auch die Pflicht dieser Organisation, Aktionen des ukrainischen Militärs zu beobachten und zu evaluieren. Für uns steht jedoch klar fest, dass die Veröffentlichung von Erkenntnissen zu dieser Kriegspartei und besonders die Kommunikationsstrategie zu dem jetzigen Zeitpunkt unangemessen ist. Auf für uns unverständliche Art und Weise wurde auch nach der Veröffentlichung der Pressemitteilung und zahlreicher (angemessener und häufig konstruktiver) Kritik im Verteidigungs- und Rechtfertigungsmodus argumentiert. Dadurch wird nicht nur das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen beeinträchtigt sondern auch potenzielle Wut und Unverständnis auf den Mitgliedern abgeladen.
Die Jugendvertretung stimmt Amnestys Catchphrase für den Bericht “Es ist ein Menschenrecht, frei von Gewalt zu leben” zu. Zivilist*innen dürfen nicht in vermeidbare Gefahrensituationen gebracht werden und Mitglieder jeglichen Militärs müssen sich an das Völkerrecht halten. Wir möchten jedoch auch die Frage hervorheben, wem die Kommunikation dieser Forschungsergebnisse durch die bestehende Debatte tatsächlich geholfen hat und was das Internationale Sekretariat, aber auch Amnesty Deutschland in Zukunft anders und besser machen muss.
Eure Jugendvertretung