In einer Welt, die mit immer komplexeren Herausforderungen konfrontiert ist – von sozialen Ungerechtigkeiten über den Klimawandel bis hin zu Menschenrechtsverletzungen – sind Zusammenarbeit und Zusammenhalt in der Gesellschaft entscheidend. Dabei bedeutet Zusammenarbeit aber nicht nur, gemeinsame Ziele zu verfolgen, sondern auch, bestehende Strukturen kritisch zu hinterfragen, sich weiterzuentwickeln und gemeinsam zu wachsen.
Ein sehr gutes Beispiel dafür war das European Youth Meeting (EYM) in Italien, an dem wir Anfang September als Delegierte der deutschen Sektion teilgenommen haben. Das jährliche Treffen junger Amnesty-Aktivist*innen aus verschiedenen europäischen Ländern dient dazu, die internationale Zusammenarbeit und den Austausch untereinander zu fördern.
In diesem Jahr stand das EYM unter dem Motto „Protect the Protest“: einer aktuellen Kampagne von Amnesty, die auf die Bedeutung des Rechts auf Protest und die Unterstützung von Menschenrechts-verteidiger*innen aufmerksam machen soll. Außer uns waren noch 28 weitere Aktivist*innen aus insgesamt 17 europäischen Ländern vor Ort. Wir hatten unterschiedliche kulturelle und soziale Hintergründe, teilten jedoch alle die Leidenschaft für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit – sie ist der Grund, weswegen wir alle bei Amnesty aktiv sind.
Wir stellten zwar fest, dass es noch viele Punkte gibt, die in dieser Organisation – in einzelnen Sektionen oder auf internationaler Ebene – noch nicht so gut umgesetzt werden und die es daher zu verbessern gilt. Doch der offene und vertrauensvolle Austausch, den wir als Teilnehmende bereits nach kurzer Zeit untereinander entwickelten, war ein leuchtendes Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit dazu beiträgt, Hindernisse, auch intern, zu überwinden. Egal, ob es um die Verteidigung des Rechts auf Protest, die Förderung von Diversität und Inklusion oder die Stärkung von Jugendbeteiligung innerhalb von Amnesty ging, haben wir durch unseren unvoreingenommenen und selbstkritischen Umgang miteinander und den Themen gemeinsam an Ideen und Lösungen für unsere eigenen Sektionen, aber auch für die gesamte Organisation gearbeitet.
Die Erfahrungen des EYM haben uns gezeigt, dass mehr Vielfalt und Intersektionalität eine Organisation wie Amnesty nur bereichern können. Nur wenn wir in der Lage sind, unsere unterschiedlichen Identitäten und Erfahrungen innerhalb wie außerhalb der Organisation zu akzeptieren und zu würdigen, können wir Barrieren abbauen, die auf Vorurteilen oder Diskriminierung beruhen. Wir müssen erkennen, dass unsere Unter-schiede uns zu einer stärkeren und widerstandsfähigen Gemeinschaft machen. Wenn wir uns gemeinsam bemühen, auch intern eine inklusive Kultur zu schaffen, eröffnen wir mehr Möglichkeiten für Wachstum, Innovation und positive Veränderungen.
In einer Welt, in der die Vielfalt der Lebensrealitäten so groß ist, müssen wir uns bewusst machen, dass eine bereichernde Zusammenarbeit von Menschen immer auch das effektive Zusammenwirken diverser Erfahrungen und Identitäten voraussetzt. Aber das erfordert Mut und Engagement und bedeutet, stereotype Denkmuster zu hinterfragen und Vorurteile zu überwinden. Es erfordert die Bereitschaft, zuzuhören und zu lernen, und die Fähigkeit, Empathie zu entwickeln und unsere Unterschiede nicht nur zu akzeptieren, sondern zu feiern.
Das EYM verdeutlichte, dass vor allem die Jugend eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung dieser besseren Zukunft spielt. Deshalb wünschen wir uns, dass wir von vornherein mehr in Entscheidungs-prozesse einbezogen werden und dass unsere jeweiligen Ressourcen auch auf internationaler Ebene verfügbarer gemacht werden, da es aktuell ein Ungleichgewicht an (finanziellen) Mitteln und daher Möglichkeiten in den einzelnen Ländern gibt. Denn wir können mehr erreichen, wenn wir unsere Kräfte bündeln, enger zusammenarbeiten und gemeinsam für eine gerechtere Welt kämpfen.
Autorinnen: Elisa Fest, Sarah Simon-Mathes
Mehr Details zum Programm vom EYM 2023 findet ihr hier im Interview mit Elisa Fest.