Im Kampf für Menschenrechte ist es wichtig uns zu erinnern, dass wir nicht auf uns allein gestellt sind. Wir können stets von Erfahrungen, aktivistischer Motivation und Ideen anderer profitieren. In einem aktivistischen Alltag vor Ort thematisiert man zwar internationale Probleme, doch profitieren die meisten auf dieser Ebene nicht von Know-How von Amnesty Gruppen in anderen Ländern. Die konkrete Zusammenarbeit mit diesen bleibt meist aus. Das European Youth Meeting (kurz EYM) soll dafür Abhilfe leisten und jungen Amnesty-Aktivist*innen die Möglichkeit bieten sich auszutauschen, sich gegenseitig zu inspirieren, und gemeinsame Ideen und Strategien zu entwickeln, um ein stärkeres europaweites Netzwerk zu schaffen.
Dieses Jahr fand das Treffen im September in Ungarn statt und, wir, Hannah und Masha aus der Amnesty Jugend, durften die deutsche Sektion dort vertreten. Wir verbrachten fünf sehr wertvolle Tage in ausgesprochen harmonischer, dynamischer und wertschätzender Zusammenarbeit mit 35 Aktivist*innen, Vertreterinnen des „Global Youth Collective“ und 7 Organisator*innen aus 17 europäischen Sektionen.
Das EYM 2024 stand unter dem Motto „Weakening Democracy & Shrinking Spaces“, was sich im gemeinsamen Austausch über die Situation aller Länder als ein sehr universelles und verbindendes Thema zwischen den Sektionen entpuppte. Europaweit nehmen Räume für die Zivilgesellschaft und demokratische Partizipationsmöglichkeiten ab, während populistische und rechte Politik an Zustimmung gewinnt. Das Organisationsteam, hauptsächlich bestehend aus ehemaligen Teilnehmenden, animierte uns in verschiedensten Formaten zu Reflektion und Diskussion über die Entwicklungen in unseren Ländern sowie zur Ausarbeitung verschiedener Handlungsideen und -strategien.
Das gastgebende Land Ungarn ist besonders stark von der Schwächung der Demokratie und den Einschränkungen von zivilgesellschaftlichem Engagement betroffen. Besonders NGOs mit Anschluss an ausländische (Dach-) Organisationen wie Amnesty werden durch verschiedene Gesetze massiv in ihrer Arbeit und in ihrem Handeln eingeschränkt. Von Angestellten des regionalen Amnesty-Büros sowie von jungen Aktivist*innen der lokalen Amnesty-Gruppe bekamen wir einen zugleich erschütternden und beeindruckenden Eindruck in die Amnesty Arbeit in einem extrem erschwerten nationalen Kontext.
Unterstrichen wurden diese Erkenntnisse und Erfahrungen von einem Online-Vortrag, der neu gegründeten bulgarischen Sektion von Amnesty, in welchem ähnliche Problemlagen sowohl im Hinblick auf nationale Politik als auch auf die Amnesty Arbeit geschildert wurden.
Anschließend an die Berichte aus den beiden Ländern haben wir eine öffentliche Aktion durchgeführt und damit unsere Solidarität mit den von Repression Betroffenen sowie den Aktivist*innen in repressiven Staaten, insbesondere Bulgarien, ausgedrückt. Der Fokus lag dabei auf LGBTQI+ Rechten, welche progressiv durch verschiedene Gesetze in Ungarn und Bulgarien eingeschränkt werden. Zum Beispiel auch das Gesetz zum Verbot von „LGBTQ-Propaganda“, was sich nach russischem Modell verbreitet. Entsprechende Gesetze, die dieses Verbot regeln sind unzureichend ausformuliert und können ganz nach Belieben der Regierung ausformuliert werden.
Neben diesem inhaltlichen Schwerpunkt nutzen wir die Zeit bei dem EYM 2024 für Austausch und Vernetzung. Dabei stellten wir schnell fest, dass es dabei große Unterschiede gibt – in vielen Sektionen sind Jugendstrukturen lange nicht so organisiert und strukturiert wie bei uns in Deutschland. Einige Teilnehmende stellten zusätzlich best practice Aktions- und Aktivismusideen aus ihrer Arbeit vor, von Diskussionsforen bis zum Schreiben von Gedichten. Zum Abschluss versuchten wir ein Konzept zu entwickeln, wie wir als Gruppe in unserem Netzwerk zukünftig weiter zusammenarbeiten und vor allem dann auch konkrete Aktionen planen können. Mitte Oktober findet dazu ein das erste Anschlusstreffen statt und wir freuen uns somit das EYM mit in unsere lokale Arbeit zu nehmen und auch unsere Aktionsideen und -anleitungen an alle interessierten Jugend- und Hochschulgruppen der deutschen Sektion weiterzugeben. Wir hoffen auf viele Interessierte und Mitstreiter*innen, denn international zusammenarbeiten erweitert nicht nur den Horizont, sondern macht auch echt Spaß.
Du hast auch Lust dabei zu sein? Das EYM findet jährlich statt, immer etwa im September, an wechselnden Orten in Europa. Wenn du zwischen 18 und 25 Jahren alt bist und seit mindestens 1 Jahr aktives Mitglied bei Amnesty Deutschland, kannst auch Du Dich im nächsten Jahr bewerben. Weitere Infos zur Bewerbung werden dann rechtzeitig auf allen Informationskanälen der Amnesty Jugend und per Mail bekanntgegeben.
Autor:innen: Hannah Kimmig und Johanna Masha Tanneberger